Westfalenpost vom Donnerstag, 28. März 2013

Großartige Aufführung erlebt

Grauns Oratorium „Der Tod Jesu" stellt hohe Anforderungen

Mit dem Passionsoratorium Der Tod Jesu brachte der Kammerchor Olpe in der St.-Martinus-Kirche ein fast vergessenes Werk der Musikliteratur in Erinnerung. FOTO: PRIVAT

Olpe. Sich an musikalische Werke zu

wagen, die zu Unrecht in Vergessen-

heit geraten sind oder nur sehr selten

aufgeführt werden, ist seit jeher ein

besonderes Anliegen des Olper

Kammerchores. Und so widmete

sich der Chor in der gut besuchten

St.-Martinus-Kirche in Olpe dem

Passionsoratorium ,,Der Tod Jesu"

von Carl Heinrich Graun (1704-

1759), dem Kapellmeister am Hofe

Friedrich II. in Berlin

Die Zuhörer erlebten eine groß-

artige Aufführung. Was das Werk

von den gängigen Passionsmusiken

unterscheidet, ist zum einen das Feh-

len einer fortlaufenden Handlung,

zum anderen eine neue, „empfindsa-

me“ Tonsprache. Anspielungen an

das historische Geschehen sind le-

diglich in einigen Rezitativen zu fin-

den. Sie geben den Raum frei für eine

persönliche Auseinandersetzung

mit dem Geschehen auf Golgatha in

Form von ausdrucksvollen Arien. In

den Chören orientiert sich Graun

deutlich an seinen „konservative-

ren“ Zeitgenossen. So hat der Chor

mehrere große Fugen zu bewältigen.

Der Kammerchor Olpe mit seinen

erstaunlich vielen jugendlichen

Stimmen (Vokalkurse des St. Fran-

ziskus-Gymnasiums) erwies sich bei

der Aufführung als stets gut artikulie-

render und homogener Klangkörper

mit einer großen dynamischen

Bandbreite vom äußersten Pianissi-

mo bis zum zupackenden Fortissimo.

Antje Bischof (Sopran) bewältigte

die zahlreichen Koloraturen und

Spitzentöne trotz leichter erkäl-

tungsbedingter Indisposition mit

großer Leichtigkeit. Das galt glei-

chermaßen für den kraftvollen Bass-

bariton Thomas Herberich und den

lyrischen Tenor Ulrich Cordes.

Dem fast eineinhalbstündigen

Werk innere Spannung zu verleihen

und bis zum letzten Ton durchzuhal-

ten, ist vor allem Aufgabe des Diri-

genten. Dietmar Schneider hatte sei-

ne Sängerinnen und Sänger nicht

nur exzellent vorbereitet, sondern

sorgte für eine unsentimentale, den-

noch tiefe und ,,die Seele berühren-

de" Darbietung des Werks. Die vor-

züglich agierende „Camerata instru-

mentale“, Siegen, mit Thomas Grütz

an der Chororgel war dabei eine zu-

verlässige Stütze.         W. Schneider

 
Kammerchor Olpe 0