Westfalenpost vom Mittwoch, 16. Januar 2013

Eindrucksvolles Kapitel der Kirchenmusik

Zwei Oratorien zu Weihnachten und Neujahr von Georg Gebel in der Clemens-Kirche in Drolshagen

Ein eindrucksvolles Kapitel der Kirchenmusik brachten der Kammerchor Olpe mit Instrumentalensemble, mit dem Vokalkurs des St. Franziskus-Gymnasiums sowie renommierten Solisten zu Gehör.

 

FOTO: BIRGIT ENGEL

Von Birgit Engel

 

Drolshagen. Denkt man an ein Weih-

nachtsoratorium, denkt man un-

willkürlich an Johann Sebastian

Bach. Schließlich gehört seines zu

den berühmtesten geistlichen Kom-

positionen. Dass es durchaus hö-

renswerte Alternativen gibt, bewies

das Konzert unter der Gesamtlei-

tung von Dietmar Schneider zum

Ende des Weihnachtsfestkreises in

der St.-Clemens Pfarrkirche Drols-

hagen, zu dem der örtliche Kultur-

verein eingeladen hatte. Auf dem

Programm: Zwei Oratorien, zu

Weihnachten und zu Neujahr, von

Georg Gebel (der Jüngere).

Gebel (1709-1753) war ein Zeit-

genosse Bachs und gehört zu jenen

Komponistenpersönlichkeiten, die

heute erst wiederentdeckt werden.

Damit passt er bestens in das Reper-

toire des Kammerchors Olpe, des-

sen besonderes Augenmerk Werken

gilt, die vom öffentlichen Musikle-

ben vergessen sind oder zu selten

aufgeführt werden.

Mitwirkende neben dem Kam-

merchor mit Instrumentalensemble

waren der Vokalkurs des St. Fran-

ziskus Gymnasiums Olpe sowie die

renommierten Solisten Gabriele

Dartsch (Sopran), Dagmar Linde

(Alt),Wolfgang Klose (Tenor) und

Achim Rück (Bass).

Zu seinen Lebzeiten war Georg

Gebel durchaus kein Unbekannter,

vielmehr genoss er einen legendä-

ren Ruf. Als junger Mann in der

Dresdner Privatkapelle des Grafen

von Brühl beschäftigt, wirkte er ab

1746 als Konzertmeister, später als

Kapellmeister am Hof des kunstlie-

benden Fürsten von Schwarzburg-

Rudolstadt in Thüringen, wo er im

jungen Alter von 44 Jahren auch

starb. Neben Kirchenkantaten und

zwei Passionsmusiken gehören

über 100 Sinfonien und Partiten so-

wie mehr als ein Dutzend Opern

und viele Konzerte für Cembalo, im

übrigen sein favorisiertes Instru-

ment, zu seinem umfangreichen

Werk, das schon zu Lebzeiten in

großen Teilen verloren ging.

1748, nur 14 Jahre nach der Ur-

aufführung des Weihnachtsorato-

riums von Bach, erklang zum ersten

Mal Gebels Werk in Thüringen.

„Jauchzet, ihr Himmel! Erfreue dich,

Erde!", so der Jubelruf am Anfang

des Weihnachtsoratoriums. Wäh-

rend dieses in den letzten Jahren auf

einzelnen Bühnen im Land zu Ge-

hör gebracht wurde, kam mit der

„Musikalischen Andacht auf den

Heiligen Neujahrs-Abend" eine

noch größere Rarität zur Auffüh-

rung. ,,Erzählet, ihr Himmel, die

göttlichen Werke! Verkündige, Fes-

te, des Schöpfers Gewalt!".

 

Meisterstücke

Die Darbietung der schon von Ge-

bels Zeitgenossen als“Meisterstü-

cke" bezeichneten Oratorien fand

in der Drolshagener Pfarrkirche

dann auch zahlreiche interessierte

Zuhörer, nicht nur aus der Rose- 

stadt selbst, sondern ebenso aus den

gesamten umliegenden Gemein-

den. Es war eine in allen Teilen groß-

artige Stunde: Facettenreich, wun-

derbar eingängig, erstklassiges Tem-

perament und melodiöse Tonmale-

rei in den stets instrumental einge-

leiteten Arien, in den Rezitativen

und Chorälen verbindend. Es war

eine Stunde, die die kirchenmusika-

lische Landschaft aus der Bach-

Händel-Telemann-Generation um

ein eindrucksvolles Kapitel ergänzte.

 
Kammerchor Olpe 0